Demo für die Schließung aller Schlachthäuser – Bericht und Redebeitrag von Tierbefreiung Hamburg

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Am vergangenen Samstag (18.05.) fand in Hamburg die von ARIWA organisierte Demo für die Schließung aller Schlachthäuser im Rahmen der gleichnamigen internationalen Kampagne statt. Gut 400 Tierrechtler*innen und Tierbefreier*innen folgten dem Aufruf und liefen vom S-Bhf. Sternschanze vorbei am Fleischgroßmarkt und dem Rathausmarkt zum Gänsemarkt. Auch Tierbefreiung Hamburg beteiligte sich an der Demo mit zahlreichen Schildern, die die Verantwortung zahlreicher Fleischkonzerne (u.a. Wiesenhof, Rotkötter, Vion oder Cargill) thematisierte (siehe Bild) .

Im folgenden möchten wir zudem den Redebeitrag dokumentieren, den wir auf der Abschlusskundgebung gehalten haben.

Rede zur ARIWA-Demo am 18.5.19

Die Tierrechts- und Tierbefreiungsbewegung weiß und skandalisiert es schon lange. Nun schleicht es nicht zuletzt durch zahlreiche Undercover-Aufnahmen und die mediale Verbreitung dieser auch ins das Bewusstsein der Öffentlichkeit: Die gewaltvollen Bilder aus den Schlachthöfen, sie sind keine Ausnahme, sie sind die Regel: Es gibt kein „humanes Schlachten“. Es gibt kein „erfülltes Leben“ in den industriellen Mastställen.

Appelle wie das Ausweichen auf “Bio”-Produkte oder der Konsum von “weniger Fleisch”, die in der öffentlichen Diskussion bereits angekommen sind, reichen nicht aus. Biohaltung gibt den Rindern, Schweinen oder Hühnern nur minimal mehr Platz und etwas besseres Futter. Trotzdem werden die Tiere in kleinen Ställen mit wenig oder gar keinem Tageslicht gehalten. Trotzdem leben sie in großen Gruppen und können ihren natürlichen Verhaltensweisen nicht nachkommen. Trotzdem erkranken sie öfter. Und trotzdem enden sie letztendlich in den gleichen Schlachthöfen wie Tiere aus industrieller Haltung. Auch ihr Leben wird gewaltvoll und viel zu früh beendet. Auch sie werden dafür gezüchtet einzig und allein dem kurzfristigen Genuss der Menschen zu dienen. Auch sie werden allein darauf reduziert wie viel Fleisch sie abwerfen, wie viel Milch sie geben oder wie viel Eier sie legen. Die Tiere erscheinen weiterhin in unseren Köpfen und Regalen als Waren, als Nahrung und nicht als das, was sie sind: Individuen mit dem Willen frei von Schmerz zu leben.

Die Schließung aller Schlachthäuser ist aus moralischer Sicht geboten, das Ende der Tierproduktion die logische Konsequenz aus der Forderung, die Interessen von Tieren zu achten.

Das Verhältnis zwischen Mensch, Tier und Natur darf nicht auf Ausbeutung, Zerstörung und Nutzung für die eigenen Zwecke beruhen, sondern basieren auf Rücksicht auf verschiedene Bedürfnisse, auf ohne tierliche Lebensmittel zu ernähren. Die Schlussfolgerung kann daher nur lauten, dass es im Interesse von Menschen und Tieren und mit Blick auf unsere natürlichen Lebensgrundlagen notwendig ist, sich vegan zu ernähren und sich für eine Abschaffung der Fleischindustrie einzusetzen.

Vegan zu leben ist ein wichtiger und nicht zu unterschätzender Schritt, um unseren Protest auszudrücken und jeden Tag im Supermarkt unsere Stimme gegen Tierausbeutung abzugeben. Aber obwohl in den letzten Jahren immer mehr Menschen in Deutschland vegetarisch oder vegan geworden sind, expandiert die deutsche Fleischindustrie nicht zuletzt mithilfe milliardenschwerer Agrarsubventionen. Gehen die Profite in Deutschland mit Fleisch und Wurst zurück, wird eben in andere Länder exportiert. Oder es werden vegetarische Würste aus Hühnerei ins Sortiment genommen.

Das zeigt zwar, dass wir Konsument*innen einen Einfluss haben, aber auch, dass er nicht zwangsläufig zum gewünschten Erfolg führt. Die Tiere leiden weiterhin. Hunderte neue Mastanlagen werden gebaut, in denen Tiere in kürzester Zeit gemästet werden. Schlachtfabriken werden erweitert, um die Tiere im Akkord zu töten. Der alleinige Aufruf zur Änderung individuellen Konsumverhaltens greift offensichtlich zu kurz.

In diesem Sinne müssen wir, die für eine Schließung aller Schlachthöfe eintreten, unsere Kritik auch explizit gegen die herrschende Form der Lebensmittelproduktion richten. Nicht nur wir Konsument*innen tragen eine Verantwortung. Die Agrar- und Futtermittelkonzerne sowie die Fleischindustrie tragen eine viel größere Verantwortung für die Klimaveränderungen und die Ausbeutung von Tieren und Natur. Der stete Konkurrenzkampf und der Zwang zur Erweiterung und Intensivierung der Produktion in der Fleisch- und Agrarindustrie lässt Menschen, die Natur und Tiere hinter Profitinteressen zurücktreten, sie gelten als bloße auszubeutende Ressource.

Statt unsere Kritik aber auf einzelne Konzerne zu beschränken oder gar den moralischen Zeigefinger gegen China oder Indien zu erheben, deren wachsender Ressourcenverbrauch allzuoft als „das Problem der Zukunft“ propagiert wird, heißt es unserer Meinung nach Alternativen allen voran dort zu entwickeln, wo die naturzerstörerische, tierverachtende und neokoloniale Agrarpolitik ihren Ausgang nimmt: im globalen Norden und nicht zuletzt auch in Deutschland.

Ein wichtiger Ansatz hier vor Ort ist, dass dort, wo Mastanlagen neu gebaut werden, wo Schlachtfabriken erweitert werden, Widerstand organisiert wird und Fleischkonzerne wie Wiesenhof, Rothkötter oder Tönnies zum Ziel entschlossener Kampagnen werden. Initiativen wie die Kampagne gegen Tierfabriken oder Tierfabriken-Widerstand zeigen, wie in Zusammenarbeit mit lokalen Initiativen und über Einwendungen, Demonstrationen und Aktionen des zivilen Ungehorsams wie z.B. Blockaden, Druck auf die Betreiber*innen von Mastanlagen und die Fleischkonzerne aufgebaut wird und das Thema in die Öffentlichkeit kommt.

Das heißt für uns: Wir brauchen mehr als einen Konsumverzicht. Wir müssen die Agrarindustrie und die Fleischkonzerne angehen und angreifen. Lasst uns dort sein, wo Mastanlagen gebaut werden. Lasst uns dort sein, wo Schlachthöfe errichtet werden. Lasst uns laut sein. Lasst uns unbequem sein. Lasst uns Strategien finden, die Abläufe der Fleischindustrie zu stören. Lasst uns ein anderes Wirtschaftssystem erdenken, entwickeln und erschaffen. Ein System, das nicht auf der Ausbeutung von Tieren, Natur und Menschen im globalen Süden sowie Arbeiter*innen in deutschen Schlachthöfen basiert.

Lasst uns stattdessen hinarbeiten auf eine regionale, biovegane Landwirtschaft. Eine Nahrungsmittelproduktion, die alle satt macht. Die nicht auf Ausbeutung von Tieren, Menschen und Natur basiert. Sondern die die Interessen aller, Menschen sowie Tiere berücksichtigt und die dabei die natürlichen Lebensgrundlagen schont und schützt anstatt sie zu zerstören.


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