Tierbefreiung – Tierschutz

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vom Antitierbenutzungshof
Tierbefreiung

„Tierbefreiung“ ist ein doppeldeutiger Begriff: Zum einen ist hiermit die konkrete Befreiung einzelner Tiere aus menschlicher Gefangenschaft gemeint – daher wird „Tierbefreiung“ zumeist mit Befreiungsaktionen aus beispielsweise Legebatterien oder „Pelzfarmen“ assoziiert -, zum anderen bedeutet Tierbefreiung die Befreiung aller nichtmenschlichen Tiere aus menschlicher Herrschaft und Unterdrückung (wovon die Gefangenschaft nur einen Aspekt darstellt). An dieser Stelle soll von der letzteren Bedeutung der Tierbefreiung – dem Anliegen, nichtmenschliche Tiere dauerhaft von der Tyrannei des Menschen zu befreien – die Rede sein.

Speziesismus

Mit der Idee der Tierbefreiung zu sympathisieren bzw. sich für dieses Ziel einzusetzen, geht in der Regel mit einer Ablehnung des Speziesismus einher. Speziesismus stellt eine Ideologie dar, die in der Regel alle Tiere, die nicht zur Spezies Mensch gehören, als dem Menschen untergeordnet begreift und es auf vielfache Weise rechtfertigt, sie zu unterdrücken und auszubeuten, das heißt: zu benutzen. Die Individualität, die Wünsche und Bedürfnisse, die Würde der unterdrückten Tiere werden dabei ignoriert, verleugnet oder als unerheblich für eine (ausreichende) Berücksichtigung betrachtet.

Nichtmenschliche Tiere gelten als Wesen, die für den Menschen da sind, deren Lebenszweck es ist, dem Menschen zu dienen. Die Art der Benutzung richtet sich nach unterschiedlichen menschlichen Interessen und Bedürfnissen; dementsprechend werden Tiere zur „Produktion“ von Nahrungsmitteln („Fleisch“, „Wurst“, „Fisch“, Milch, Eiern oder Honig), Kleidung („Pelz“, „Leder“, „Wolle“, „Seide“, …), diversen Gebrauchsgegenständen (aus bzw. mit „Leder“, Pinsel mit Haaren usw.), zur Belustigung und Unterhaltung (im Zirkus oder Zoo), als Sportgeräte (zum Beispiel zum Reiten), für wissenschaftliche Forschung (als „Versuchstiere“), für soziale Bedürfnisse von Menschen (als „Haustiere“) und für viele andere Zwecke der Machtausübung eingesetzt. Was den Tieren damit im Einzelnen angetan wird, wird zumeist verharmlost, mit verschiedenen Vorurteilen den Tieren gegenüber (zum Beispiel „geringere Intelligenz“) oder beispielsweise damit, daß „es schon immer so war“, gerechtfertigt und nur ganz selten grundlegend hinterfragt.

Daß Tiere nutzbar sind, ist die Norm – sie befreien zu wollen, ist demnach verrückt. Einzelne Bereiche oder Ausmaße der Tierausbeutung lehnen viele Menschen ab: „Pelzproduktion“ oder Tierversuche, „Massentierhaltung“ oder Tiertransporte. Zum Beispiel lehnen die meisten Menschen (zumindest verbal) die Haltung von Hühnern in Legebatterien ab, aber nicht die Tatsache, daß Hennen überhaupt als „Legehennen“ angesehen und benutzt werden. Daß die männlichen Geschwister der „Legehennen“ als „Eintagsküken“ vergast oder zermust werden, würden sicherlich viele Leute gerne abgeschafft wissen (wobei es auch billigend in Kauf genommen wird, daß es sich momentan so verhält), und Einige fänden sicherlich auch den Gedanken erfreulich, daß „ausgediente Legehennen“ eine „Rentenzeit“ auf einem Gnadenhof verbringen könnten (anstatt geschlachtet zu werden). Kaum jemand jedoch kann etwas Verwerfliches daran finden, daß Hennen als Waren angesehen und zu solchen gemacht (also zum Eierlegen gezüchtet etc.) werden, daß sie keine freien Individuen, sondern Objekte und Eigentum sind.

JedeR müsse schließlich „arbeiten“, um überleben zu können, und JedeR müsse einmal „sterben“, heißt es. Daß auch Menschen kapitalistischer Verwertungslogik unterworfen sind, ist aber keine Rechtfertigung für Tierausbeutung (wenn auch eine der Erklärungen hierfür), sondern im Gegenteil ebenso abzulehnen. Außerdem gibt es zwischen der Ausbeutung von Menschen in westlichen Ländern und der nichtmenschlicher Tiere gravierende Unterschiede: Menschen werden nicht gezüchtet und gehalten, ihr Körper wird nicht als Rohstoff für Lebensmittel oder Bekleidung benutzt, … und letztendlich sterben die von der Nahrungsmittel- und Bekleidungsindustrie ausgebeuteten Tiere nicht einfach, sondern sie werden im Akt der Schlachtung gewaltsam getötet – ermordet.

Warum nicht Tierschutz?

Tiere vor bestimmten Ausmaßen der Ausbeutung schützen zu wollen, ist ein angesehenes und gefragtes Anliegen: Unzählige Menschen sind in Tierschutzvereinen und ähnlichen Einrichtungen organisiert bzw. spenden Geld an verschiedene Organe des Tierschutzes. Heutzutage ist Tierschutz sogar als Staatsziel im Grundgesetz der BRD verankert.

Tierschutz ist ein System, das nur innerhalb des Systems der Tierausbeutung funktioniert und gewollt ist. Sein Ziel ist keineswegs die Aufhebung des Herrschaftsverhältnisses zwischen Menschen und nichtmenschlichen Tieren, sondern dessen Beibehaltung. Lediglich einzelne Aspekte sollen (aus menschlicher Sicht) verbessert werden. Diese „Verbesserungen“ zielen bei sogenannten Nutztieren vor allem darauf ab, ihre Gefangenschaft (beispielsweise durch mehr Platz) komfortabler zu gestalten und die Schlachtung zu einem Vorgang, bei dem das zu ermordende Tier so wenig Angst und Streß wie möglich empfinden soll, zu entwickeln. Kurzum: Das Leiden der ausgebeuteten Tiere soll reduziert werden.

Unzählige Leiden jedoch werden von den meisten Menschen nie wahrgenommen: Das Auseinanderreißen von Müttern und Kindern (tagtäglich zum Beispiel im Namen der Milchindustrie praktiziert), die Frustrationen, die eine lebenslange Unfreiheit verursachen kann (und sei das Gefängnis noch so groß), die alltäglichen gravierenden Eingriffe in das Leben der Tiere („Besamungen“, Kastrationen, Kennzeichnungen durch Ohrmarken oder Brandzeichen, …) und vieles mehr. Erst recht werden Zucht, Haltung und Schlachtung an sich nicht als etwas Schlimmes, das es abzuschaffen gilt, betrachtet – auch oder vielmehr gerade vom Tierschutz nicht. Tierschutz legitimiert die Benutzung nichtmenschlicher Tiere. Er schafft die Regeln, nach denen Tiere „artgerecht“ zu halten und auszubeuten sind. Nach strikter Einhaltung dieser Regeln sei an der Nutzung von Tieren nichts mehr auszusetzen. Ohne die Institution Tierschutz hätte das speziesistische System vermutlich große Probleme, sich zu rechtfertigen und aufrechtzuerhalten, denn der Tierschutz ist ein wichtiger Pfeiler im System der Tierausbeutung und keineswegs ein Schritt auf dem Weg zu deren Abschaffung.

Tierschutz bedeutet, daß die Gewalt nichtmenschlichen Tieren gegenüber bestehenbleibt – sonst müßten sie nicht fortwährend vor der Gewalt (besser gesagt: vor einigen wenigen Gewalttaten) geschützt werden. Ein Ende der Gewalt gegenüber Tieren hätte auch ein Ende des Tierschutzes – der dann nicht mehr (für die Aufrechterhaltung eben dieser Gewalt) notwendig wäre – zur Folge.

Eine Ermordnung, die unter Betäubung durchgeführt wird, bleibt immer noch Mord, eine Gefangenschaft, bei der die Gefangenen mehr Platz und Beschäftigungsmaterial zur Verfügung gestellt bekommen, bleibt eine Gefangenschaft. „Artgerecht ist nur die Freiheit!“, heißt es vonseiten der Tierbefreiungsbewegung.

Tierliebe

Ein weiterer Pfeiler für die Stützung des Systems der Tierausbeutung ist die Tierliebe. Tierliebe ist eine durchweg mit positiven Werten verbundene Haltung, die ein Großteil aller Menschen für sich beansprucht. Sie manifestiert sich durch eine Befürwortung des Tierschutzes, durch direktes Engagement „für Tiere“, durch eine „Liebe“ zu eigens gehaltenen Tieren sowie durch eine Art universelle „Liebe“ gegenüber quasi allen Tieren der Welt. Dies kann Vieles umfassen wie das Tragen von Kröten über die Straße, um sie vor dem Überfahren durch Autos zu retten, eine Aversion gegen das Zerschlagen von Spinnen oder Fliegen, ein schmerzliches Mitgefühl beim Anblick eines Tiertransporters, das Aufkommen von Tränen bei einer Schlachthofreportage im Fernsehen, das „Verwöhnen“ des eigenen Hundes usw. Diese „Liebe“ oder auch „Freundschaft“ ist zumeist eine einseitige (auch wenn dies vor allem bei eigenen „Haustieren“ in der Regel bestritten wird und teilweise – aufgrund der Abhängigkeit, in die diese Tiere hineingeboren wurden – schwer zu bestimmen ist), und sie bricht in keiner Weise mit dem Speziesismus: Wer bei der Begegnung mit einem Tiertransporter oder beim Blick in ein Schlachthaus denkt „Die armen Tiere!“, auch wem hierbei die Tränen in die Augen schießen, wird normalerweise keine grundlegenden Probleme damit bekommen, (diese) Tiere weiterhin als Lebensmittel zu betrachten und zu essen. „Huhn“ oder „Schwein“ sind eben Mahlzeiten, nicht ein (konkretes) Huhn oder ein (konkretes) Schwein. Die Tiere sind (von der Gesellschaft und somit von fast jeder einzelnen Person) zur Ware erklärt worden, was als unhinterfragbar gilt. Selbst wenn die Tierliebe einer Person so weit geht, daß er oder sie vegetarisch oder sogar vegan lebt (wozu es in den seltensten Fällen kommt und daher auch von den tierliebsten Menschen für übertrieben gehalten wird), muß das nicht heißen, mit speziesistischem Denken in jeder Beziehung brechen zu wollen.

Die in heutiger Zeit praktizierte „Haustierhaltung“, also die Haltung von Tieren (Katzen, Hunden, Vögeln, Nagetieren, Fischen, …) nicht zum Zweck der Erzeugung von Nahrung oder Kleidung, ist ein Resultat der Tierliebe. Diese Tiere, so die Meinung selbst vieler VeganerInnen und AnhängerInnen des Tierbefreiungsgedankens, werden nicht oder zumindest nicht „so“ wie sogenannte Nutztiere benutzt. Sie werden geliebt, verwöhnt, als Individuen betrachtet. An ihnen würden bzw. könnten Menschen sehen, daß Tiere empfindende Wesen mit unterschiedlichen Wünschen und Bedürfnissen sind, weswegen oftmals an die Liebe von Menschen zu ihren „Haustieren“ appelliert wird: Es müßte lediglich erkannt werden, daß Schweine ebenso empfindsame oder „intelligente“ Individuen wie Hunde seien bzw. Menschen müßten Schweine nur ebenso lieben wie Hunde, dann würden sie Schweine nicht mehr ausbeuten (und essen) wollen. Diese Überzeugung unterschlägt jedoch zwei wesentliche Tatsachen:

Zum einen, daß die „Haustierhaltung“ selbst ein weiterer Bereich der Tierausbeutung ist, die sogenannten Haustiere also den Wünschen und Bedürfnissen der Menschen entsprechend benutzt werden: Sie werden (oftmals nach optischen oder charakterlichen Kriterien) gezüchtet, zumeist ihren Müttern und Geschwistern weggenommen und müssen ihr Leben so verbringen, wie ihre BesitzerInnen es für sie vorgesehen haben: Als „bester Freund“, zum Schmusen, als pädagogisches Mittel zum Erlernen von Verantwortung für Kinder, als Aufgabe und Lebensmotivation für ältere Menschen, … Zwar bauen ihre BesitzerInnen zumeist eine innige Beziehung zu ihnen auf, zittern und beten für sie im Krankheitsfall, trauern intensiv, wenn sie einmal sterben und erkennen durchaus ihren individuellen Charakter an, aber letztendlich bleiben auch die „Haustiere“ Objekte, was in vielen Fällen schon durch den käuflichen Erwerb deutlich wird. Daß es durch „Haustiere“ möglich wird, direkt (und nicht nur indirekt wie zum Beispiel beim „Fleischkonsum“) Macht über einzelne Tiere ausüben zu können (Befehle erteilen usw.), macht die „Haustierhaltung“ sicherlich unbewußt für viele Menschen attraktiv. Zudem legitmiert das „Gut sein“ zum „eigenen Tier“ die Gewalt anderen, nicht persönlich bekannten Tieren gegenüber – abgesehen davon, daß für „Haustiere“, die nicht vegan ernährt werden, wiederum andere Tiere (für beispielsweise „Hundefutter“ oder „Katzenfutter“) ermordet werden und es billigend in Kauf genommen wird, daß ein Großteil der Haustierindustrie auf Tierversuchen basiert (Entwicklung von „Hundefutter“ und „Katzenfutter“ an Hunden und Katzen, Tierversuche für Medikamente und Impfstoffe etc.). Weiterhin rechtfertigt unseres Erachtens das täglich erlebte „Fleischessen“ sogenannter Haustiere den „Fleischkonsum“ der TierhalterInnen: „Wenn sie Fleisch essen (müssen/dürfen), dann kann/muß/darf ich das auch!“
Zum anderen wird durchaus von (manchen) Menschen anerkannt, daß Schweine, Rinder oder andere „Nutztiere“ fühlende Wesen, die leben (und nicht geschlachtet werden) wollen, sind. Leider ist diese Erkenntnis aber nicht ausreichend, um die Benutzung dieser Tiere zu stoppen. Selbst jemand, der oder die Rinder hält, um Milch zu „erzeugen“, der oder die Hühner für die „Eierproduktion“ einsperrt oder Schweine mästet, um sie für „Fleisch“ zu schlachten bzw. schlachten zu lassen, kann für diese Tiere oder einzelne von ihnen Sympathie entwickeln, Mitleid mit ihnen empfinden oder ähnliches. Er/sie kann einzelne Tiere streicheln, ihnen Namen geben, … und doch behalten sie ihren Status als Ware. Die Tierliebe erstreckt sich auch auf diese Tiere, wieder ohne ihre Ausbeutung grundsätzlich in Frage zu stellen.

Tierliebe ist also nicht nur nicht ausreichend, um die Gewalt gegen Tiere zu beenden, sondern im Gegenteil ein Bestandteil des Denkens, daß nichtmenschliche Tiere für „uns“ da wären. Die Frage, ob wir (besonders) tierlieb wären, weil wir einen „Gnadenhof“ betreiben, können wir somit nur verneinen: ein Bruch mit dem Speziesismus bedeutet für uns auch einen Bruch mit der Tierliebe – auch wenn wir sie wie vieles andere, was uns die speziesistische Gesellschaft, deren Kinder auch wir sind, von klein auf eingepflanzt hat, sicherlich noch nicht vollständig abgelegt haben.

Tierbefreiung – Und was dann?

„Until every cage is empty!“ – „Bis jeder Käfig leer ist!“, lautet einer der Slogans der Tierbefreiungsbewegung, einer Bewegung, die es sich zum Ziel gesetzt hat, nichtmenschliche Tiere von allen Formen der Ausbeutung und Unterdrückung zu befreien.

Bei vielen Menschen löst der Gedanke an „befreite Tiere“ Phantasien von unzähligen Tieren, die umherlaufen, den Verkehr unsicher machen, Felder verwüsten, den Menschen Essen und Lebensraum wegnehmen und in Freiheit gar nicht überleben können, aus. Doch dies ist ein Szenario, das niemals eintreffen wird. Tierbefreiung im politischen bzw. gesellschaftlichen Sinn würde mit einer allmählichen Bewußtseinsveränderung einhergehen, bei der die Benutzung von Tieren zunehmend in Frage gestellt und nach und nach eingestellt würde. Das bedeutet, daß vor allem die Tierzucht, also die „Erzeugung“ weiterer Tiere, eingeschränkt (und irgendwann beendet) würde. Eine Freilassung von Tieren, die in Freiheit nicht überleben könnten, wäre nicht im Sinne der Tierbefreiungsbewegung.

Es würde sich so verhalten, daß es, wenn die Dinge sich so entwickeln würden, bestimmte Tierarten irgendwann vielleicht nicht mehr geben würde, da diese nur durch Züchtung entstanden sind: „Hausschweine“, „Legehennen“, „Masthühner“, „Puten“ („Haustruthühner“), „Hausrinder“, „Hausschafe“, … Viele Menschen würden einen Verlust der „Artenvielfalt“ beklagen, doch eine Art kann nicht leiden – nur ein Individuum. Und zahlreiche Individuen leiden unter den Folgen der Züchtung (übermäßiges Eierlegen, das den Körper auslaugt; übermäßiger Appetit; übermäßige Einlagerung von Körperfett, die zu Krankheiten führen kann; übermäßiger Haarwuchs, der im Sommer zu Unbeweglichkeit oder zum Hitzschlag führen würde, würden Menschen die Haare nicht entfernen, …). Das menschliche Interesse, diese Tierarten zu erhalten, berücksichtigt nicht die dadurch entstehenden Leiden und die Abhängigkeit von Tieren.

Es soll nun nicht darüber diskutiert werden, wie im Detail Tierbefreiung letztendlich realisiert werden soll oder kann – wir selbst halten die Idee der Tierbefreiung für eine Utopie, die sich vermutlich nie vollständig realisieren wird, da der Speziesismus zu tief in der Geschichte und in den Köpfen der Menschen verankert ist -, doch die Benutzung von Tieren, die Erklärung von Tieren zum Objekt, zur Ware, zu Wesen im Dienste der Menschheit, ihre Konsumierung als Lebensmittel, Kleidungsstück, Gebrauchsgegenstand, ihren Gebrauch als Vergnügungsobjekt, Versuchstier, Sportgerät, Heimtier, … lehnen wir eindeutig ab und fordern stattdessen ihre Befreiung aus der Sklaverei!